Volkssport Stromanbieterhopping mit schmerzhaften Folgen

Ein Blick hinter die Kulissen

Noch nie war es so einfach wie heute: Mit nur ein paar Klicks vergleichen Kunden Strom- und Gastarife online. Und mit ein paar weiteren Klicks schließen sie den neuen, günstigeren Vertrag ab. Kündigung des alten durch den neuen Anbieter inklusive. Doch abgerechnet wird meist zum Schluss! Denn dann zeigen viele Unternehmen ihr wahres Gesicht und holen sich die anfänglich eingesparten Euros wieder. Durch exorbitant steigende Preise, verschlungene Kündigungsklauseln oder Nichtauszahlung versprochener Guthaben.

In einem Artikel des Magazins Stern, veröffentlicht im März 2017, wurden nun einige Anbieter genauer unter die Lupe genommen und neben den Bewertungen der Vergleichsportale Check24 oder Verivox auch die Einträge im Beschwerdeportal Reclabox analysiert. Während bei Ersteren die Kunden gleich nach Vertragsabschluss um die Abgabe einer Bewertung gebeten werden, nutzen Kunden Letzteres erst dann, wenn tatsächlich Probleme aufgetreten sind. Klar kann man jetzt sagen, hier kommen nur Negativeinträge zum Vorschein und alles was gut läuft, fällt unter den Teppich. Aus der Gesamtheit ergibt sich aber doch ein Bild. Denn oft häufen sich die Beschwerden bei den gleichen Anbietern. Und das sind die, die beim Vergleich mit besonders günstigen Konditionen locken.

Von den mehr als 1000 aktiven Stromanbietern in Deutschland haben es, in den vergangenen drei Jahren, nur drei geschafft 500 oder mehr Reclabox-Beschwerden zu sammeln. Laut der Stern-Recherche sind bei allen dreien intransparente Schreiben zur Preiserhöhung der häufigste Beschwerdegrund. Denn die Anbieter verschicken diese in ellenlangen Mails und versteckt zwischen unendlichen Zusatzdetails zur Energiepolitik. So fallen unerwartet schnell mehrere hundert Euro pro Jahr zusätzlich an. Nur wer ganz genau hinschaut und sich auskennt, erkennt den neuen Grund- und Kilowattstundenpreis. Und muss dann mit seinen Unterlagen vergleichen, was das im Einzelfall für ihn bedeutet. Wer das nicht macht, lässt sein Sonderkündigungsrecht verstreichen.

Aber auch kreative Klauseln in den AGBs mancher Stromanbieter schließen vorher zugesagte Bonuszahlungen – für viele Kunden ein Grund zum Wechseln – aus. Dazu kommen fehlende Abschlussrechnungen und verzögerte bzw. fehlende Auszahlungen von Guthaben. Auch häufigen Ärger mit der Kündigung führt das Magazin Stern bei einem der Anbieter an. Das Unternehmen akzeptierte lange Zeit ausschließlich die Kündigung per Brief und Originalunterschrift. E-Mails mit eingescannter Unterschrift und selbst Kündigungen per Fax wurden ausgeschlossen. Erst eine Änderung des BGB im Oktober 2016 zwang den Anbieter, seine Praxis zu ändern.

Wer ein schwarzes Schaf und wer seriös ist, können Kunden schwer auf den ersten Blick erkennen – doch grundsätzlich lässt sich feststellen: Finger weg von den Allergünstigsten! Und am besten den Experten den Job überlassen.

25.04.2017
Energiemarkt