Was bedeutet Energieeinkauf für Unternehmen?

Strom und Gas lassen sich auf unterschiedlichen Wegen einkaufen. Jede Beschaffungsmethode bietet dabei Vor-und Nachteile und eignet sich für unterschiedliche Unternehmensgrößen und Abnahmemengen.

Lernen Sie in diesem Ratgeber die unterschiedlichen Strategien zur Energiebeschaffung kennen.

Kurz und knapp

Energieeinkauf betrachtet die Beschaffung von Strom und Gas. Seit der Marktliberalisierung 1998 haben alle Energieabnehmer die freie Wahl des Lieferanten.

Um günstigste Preise realisieren zu können, gilt es zur richtigen Zeit die richtigen Informationen vorliegen zu haben, um die richtigen Entscheidungen treffen zu können.

Wer dazu nicht in der Lage ist, kann sich durch einen Partner wie eine Energieeinkaufsgemeinschaft unterstützen lassen.

Was bedeutet Energieeinkauf?

Unter dem Begriff Energieeinkauf wird der Beschaffungsprozess von Strom und Gas verstanden. Der Prozess umfasst die Beobachtung der Preisentwicklungen auf dem Energiemarkt, die Teilnahme an Ausschreibungen, die Lieferantenauswahl sowie die Vertragsverhandlungen. Ziel ist es, Energie möglichst kostengünstig am Energiemarkt einzukaufen. Zwar ist der Energiemarkt ein Wettbewerbsmarkt unter staatlicher Regulierung, dennoch sind erhebliche Preisunterschiede je nach Beschaffungszeitraum, Beschaffungszeitpunkt und Beschaffungsmenge gegeben.

Was hat Energieeinkauf mit der Strom- und Gasbörse zu tun?

Zunächst ist eine Börse im Allgemeinen ein organisierter Markt zur Zusammenführung von Angebot und Nachfrage für Handelsobjekte. Am geläufigsten sind wohl Wertpapierbörsen, aber auch für Getreide, Gas und Strom und andere Handelsgüter wurden Börsen eingerichtet.

Die Leipziger EEX (European Energy Exchange) und die Pariser EPEX (European Power Exchange) sowie die PEGAS (Pan European Gas Cooperation) sind die für Deutschland die bedeutsamsten Börsen für Strom und Gas.

An einer Börse werden durch Angebot und Nachfrage Maktteilnehmer zusammengeführt. Dabei werden Anbieter mit dem günstigsten Angebot und Nachfrager mit dem höchsten Preisgebot zusammengebracht.

Neben dem Börsenhandel existiert der OTC-Handel (Over-the-Counter-Handel = "Über den Tresen-Handel"). Hierbei werden Waren direkt zwischen Anbietern und Käufern gehandelt. Teilweise sind Broker dazwischen geschaltet. Sie handeln als Vermittler zwischen Anbieter und Verkäufer.

Auf dem Strom- und Gasmarkt sind unter dem OTC-Handel Ausschreibungen regionaler und überregionaler Energieversorger zu verstehen. Die ausgehandelten Preise sind im Gegensatz zu Börsenpreisen nicht öffentlich einsehbar, orientieren sich aber an diesen, weil – vereinfach gesagt – die Energieversorger die angebotenen Energiemengen selbst wieder an der Börse beschaffen.

Somit ist es wichtig, die aktuellen Einflüsse und Entwicklungen im Energiemarkt zu kennen, um vorteilhafte Energiepreise aushandeln zu können.

Einkaufszeitpunkt und Beschaffungs­zeitraum

Heute schon an morgen denken, so kann man den Unterschied zwischen Einkaufszeitpunkt und Beschaffungszeitraum sicher gut beschreiben.

Der Unterschied zwischen Einkaufszeitpunkt und Beschaffungszeitraum liegt in der zeitlichen Differenz. Dabei liegt der Einkaufszeitpunkt in der Präsenz und der Beschaffungszeitraum in der Zukunft. Strom und Gas werden im Voraus beschafft. Eine Zeitspanne von bis zu sechs Jahren im Voraus ist als Beschaffungszeitraum möglich.

Beschaffungszeitpunkt

Für die Vertragslaufzeiten sind keine Richtwerte vorhanden. Sie sollte sich an den erwarteten künftigen Preisänderungen also der Marktsituation orientieren. Das heißt bei einer erkennbaren künftigen Preissteigerung sind langfristige Verträge eine gute Wahl. Umgekehrt sind bei absehbar fallenden Preisen kurzfristige Verträge eine nennenswerte Option. Um den Trend der Energiepreise mit hoher Treffsicherheit vorhersagen und somit zum richtigen Zeitpunkt Energiekäufe tätigen zu können, sind detaillierte Kenntnisse des Energiemarktes erforderlich.

Versorgungssicherheit

Durch die Grundversorgung in Deutschland wird gewährleistet, dass Unternehmen und Privatpersonen zumindest über den regionalen Energieversorger immer mit Strom und Gas versorgt werden. Das heißt, auch wenn der gewählte eigentliche Strom- bzw. Gasanbieter Insolvenz anmelden muss, fließen Strom und Gas. Das Risiko dabei ist, das der Preis für Strom oder Gas gegebenenfalls deutlich höher ausfallen kann als das beim vorherigen Anbieter der Fall war. Somit gehen Planungssicherheit und eventuelle Liquiditätsreserven verloren.

Auch die IHK warnt: “VORSICHT: In der Vergangenheit mussten immer wieder Energiedienstleister Insolvenz anmelden. Betroffene Kunden fallen zurück in die Grundversorgung und stehen dann höheren Preisen gegenüber.”

Um dies zu vermeiden, sollten Gas- und Stromanbieter vor Vertragsabschluss auf ihre Wirtschaftsstärke geprüft werden. Zur Beurteilung sind aktuelle und historische Geschäftszahlen aus Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen, Hinweise zur Zahlungsweise von Wirtschaftsauskunfteien, der Bonitätsindex sowie Gesellschafts- und Unternehmensstruktur hilfreiche Kriterien.

Zeichen für einen soliden Energieversorger sind z. B.:

  • eine solide & transparente Unternehmensstruktur

  • ein soliden Bonitätsindex und Bilanzdaten

  • aktive Teilnahme an Ausschreibungsrunden unter Abgabe stets attraktive Konditionen

Methoden zum Energieeinkauf

Mit der Liberalisierung des Strom- und Gasmarktes 1998 wurden neue Möglichkeiten der Energiebeschaffung eröffnet. Denn seitdem ist für Privatpersonen wie Unternehmen der Energielieferant bundesweit frei wählbar. Preisvergleiche sind möglich und eröffnen Einsparpotenziale für die Abnehmer.

Es entwickelten sich vier grundlegende Beschaffungsmethoden: Fixpreis-, strukturierte Beschaffung (Tranchen-Modell), sowie Spotmarktbeschaffung und Portfoliomanagement. Neben diesen vier Hauptformen werden verschiedene Mischformen umgesetzt.

Bei der Wahl der Beschaffungsstrategie ist es für ein Unternehmen zweckmäßig, den Anteil der Energiekosten an den unternehmerischen Gesamtkosten zu betrachten. Außerdem sollten absoluter Energieverbrauch, Risikoneigung und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ausschlaggebend sein.

Vor der Wahl eines oder mehrerer Beschaffungsmodelle ist es wichtig, Chancen und Risiken des jeweiligen Modells abzuwägen.

Charakteristik verschiedener Beschaffungsmodelle

Insbesondere Modelle mit hoher Marktteilnahme weisen in unsicheren geopolitischen Lagen schwer absehbare Risiken auf. Diese binden zum einen viel Zeit für deren Beobachtung und Bewertung, zum anderen können sie zu enormen finanziellen Schwierigkeiten führen.

Für kleine Unternehmen sind zu geringe Einkaufsmengen, die finanziellen Risiken und Personalmangel unüberwindbare Hürden, um aktiv in die Verhandlung von Energiepreisen gehen zu können. Für diese "kleinen Fische" besteht über uns die Möglichkeit, Energie zu Großhandelspreisen einzukaufen.

Der stabile Klassiker: Vollversorgung (oder auch Fixpreis-Beschaffung)

Für die Vollversorgung schweben viele Synonyme im Raum. So wird sie auch als Fixpreis-Beschaffung oder Stichtagsbeschaffung bezeichnet. Sie ist unter kleinen und mittelständischen Unternehmen mit einem jährlichen Strombedarf unter 10 GWh die gängigste Beschaffungsmethode.

Beschaffungsstrategien

Dieses einfache Modell der Beschaffung beinhaltet, dass sich der Kunde zu einem bestimmten Zeitpunkt die Energielieferung für einen vertraglich festgelegten Zeitraum sichert. Der Zeitpunkt ist dabei der Stichtag. Als Zeitraum wird häufig ein oder mehrere Jahre bestimmt.

Der festgelegte Strom- bzw. Energiepreis orientiert sich bei dieser Methode am aktuellen und zu erwartenden Börsenpreis.

Die Herausforderung besteht in erster Linie folglich darin, den richtigen Zeitpunkt für den Vertragsabschluss zu wählen. Der Aufwand für das Unternehmen beschränkt sich auf den periodischen Vertragsabschluss bzw. dessen Verlängerung mit dem Stromversorger.

Vorteile:

  • Maximale Planungs- und Budgetsicherheit, da der Strom zum vertraglich fixierten Preis beschafft wird und damit langfristige Preissicherheit auch in unsicheren geopolitischen Lagen herrscht.

  • Über die Vertragslaufzeit unabhängig von künftigen Preisentwicklungen der Märkte aufgrund des fixierten Preises.

  • Wenig Personalbindung beim Energieeinkauf für das Unternehmen, da Verträge für ein oder mehrere Jahre abgeschlossen werden können.

  • Ab dem Vertragsabschluss ist der Preis fixiert – steigende Strompreise sind während der Vertragslaufzeit irrelevant.

Nachteile:

  • Die Abschätzung des richtigen Zeitpunktes für den Energieeinkauf erfordert konkrete Marktkenntnisse.

  • Sinken die Preise während des Vertragszeitraums, kann davon nicht profitiert werden.

  • Verkalkuliert sich der Lieferant bei der Festpreisfestsetzung zu seinen Ungunsten, droht dessen Zahlungsunfähigkeit und somit dessen Rückzug vom Markt. Alle belieferten Kunden fallen in die teurere Grundversorgung zurück.

 

Sonderform: Energie-Einkaufsgemeinschaft

In einer Energie-Einkaufsgemeinschaft erfolgt die Mengenbündelung des Energiebedarfs mehrerer einzelner Energieabnehmer. So wird zunächst die Möglichkeit geschaffen, als Großabnehmer an den Verhandlungstisch zu treten und von Mengenrabatten zu profitieren.

Außerdem wird der Energieeinkauf von erfahrenen Mitarbeitern der Einkaufsgemeinschaft übernommen. Sie greifen zum idealen Zeitpunkt auf dem Energiemarkt zu. Dabei bedienen sie sich neben dem Werkzeug der Mengenbündelung, den Werkzeugen der Ausschreibung und Marktbeobachtung.

Im Ergebnis gewinnt ein Mitglied einer Einkaufsgemeinschaft Planungs- und Versorgungssicherheit ohne Aufwand. Nebenbei wird der Wettbewerb unter den Energieversorgern gefördert und so ein Ziel der Marktliberalisierung unterstützt, was zu besseren Preisen für Strom und Gas führt.

Eine Einkaufsgemeinschaft übernimmt zusätzlich zur Preisverhandlung auch die Überwachung der Vertragslaufzeiten so ist garantiert, dass teurere Folgeverträge durch automatische Verlängerungen vermieden werden und dennoch eine lückenlose Energieversorgung erfolgt.

Strukturierte Beschaffung

Im Rahmen der strukturierten Beschaffung sind Bandlieferung, Fahrplanlieferung und Tranchen-Modelle gängige Modelle.

Beim Tranchen-Modell oder auch Tranchenkauf wird der gesamte Beschaffungszeitraum für Strom und Gas zum Beispiel ein Jahr in mehrere Zeitabschnitte (die Tranchen) unterteilt. Für jeden einzelnen Zeitabschnitt wird die Energie separat eingekauft.

Tranchen-Modell

Diese Beschaffungsmethode macht ein Unternehmen einerseits flexibel, da es bei saisonbedingten Bedarfsschwankungen gezielt Energiemengen einkaufen kann. Zum anderen sind die Kosten der Energie für den gesamten Beschaffungszeitraum nur vage kalkulierbar, da die einzelnen Tranchenpreise aufgrund vieler Einflüsse stark schwanken können. Erst im Nachhinein lässt sich ein Mittelwert für den Beschaffungszeitraum ermitteln.

Vorteile:

  • Das Planungsrisiko wird durch die Streuung gemindert.

  • Kurz vor Beginn der Lieferperiode besteht Planungssicherheit für die Kosten.

  • Energiemengen können flexibel je nach Zeitpunkt gekauft werden.

 

Nachteile:

  • Energiekosten sind nur kurzfristig kalkulierbar.

  • Der Energiebeschaffungsprozess wiederholt sich in kurzen Abständen und bindet Personal.

Für die Großen & Experten: Portfoliomanagement

Im Portfoliomanagement für den Energieeinkauf wird über einen bestimmten Zeitraum mit verschiedenen Energieverträgen zu unterschiedlichen Laufzeiten mit verschiedenen Beschaffungsmethoden bei verschiedenen Energieanbietern die lückenlose Energieversorgung des Unternehmens gesichert.

Vorteile

  • Es kann flexibel auf den Bedarf reagiert werden.

  • Preisvorteile können realisiert werden.

  • Der Energiebeschaffung liegt eine transparente Kostenstruktur gegenüber.

 

Nachteile

  • Es ist ein personalintensiver rollierender Prozess.

  • Versorgungslücken müssen über den Spotmarkt abgedeckt werden.

  • Die für die Beschaffung verantwortlichen Mitarbeiter müssen hohe Marktkenntnisse vorweisen.

  • Die finanzielle Stabilität des Unternehmens muss gegeben sein, um sequenziell teure Energieeinkäufe realisieren zu können.

Spotmarkt-Beschaffung

Der Spotmarkt ermöglicht im Extremfall die tagesaktuelle Beschaffung von Strom und Gas mit einem zeitlichen Vorlauf von 15 Minuten. Aber auch der Kauf zu einem Tag im Voraus ist möglich und durchaus üblich. In der Regel werden über diesen Markt Energiemengen für einzelne Stunden eingekauft, um Lastspitzen zu bedienen.

Der Preis für die eingekaufte Energiemenge variiert laufend und wird durch das Zusammenbringen von Angebot und Nachfrage ermittelt.

Da sich die Preise laufend ändern, stehen die gesamten Energiekosten für eine bestimmte Abrechnungsperiode eines Unternehmens erst am Ende der Abrechnungsperiode fest. Durch die kurzfristige Energiebeschaffung kann ein Unternehmen Chancen günstiger Preise nutzen, muss im Gegenzug aber auch das Risiko hoher Preissteigerungen tragen.

Vorteile

  • Extrem flexibles Reagieren auf den Strombedarf ist möglich.

  • Günstige Börsenpreise können ausgenutzt werden.

  

Nachteile

  • Die Planungssicherheit fehlt.

  • Energiepreise stehen erst am Ende einer Abrechnungsperiode fest.

Fazit zum Energieeinkauf

Mit dem richtigen Beschaffungsmodell bzw. Beschaffungsmodellmix lässt sich unabhängig von geopolitischen Gegebenheiten beim Energieeinkauf für Unternehmen viel Geld sparen. Allerdings können sich die Vorteile auch in Nachteilen umkehren, wenn nur unzureichende Marktkenntnisse vorhanden sind oder künftige Entwicklungen falsch eingeschätzt werden.

Den möglichen Kosteneinsparungen für Energie stehen Personalaufwendungen gegenüber. Diese steigern sich mit der Komplexität der Beschaffungsmodelle und sind den potenziellen Einsparungen gegenüberzustellen.

Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen sind gut beraten, wenn sie sich für eine personalkostenschonende und risikoarme Energiebeschaffung entscheiden.