Standardlastprofil bei Strom & Gas: Definition, Nutzung & Vorteile
Kurz und knapp
Standardlastprofile prognostizieren den Energiebedarf anhand statistischer Daten. Sie ermöglichen eine effiziente Abrechnung und sichern die Netzstabilität.
Gewerbe-Standardlastprofile variieren je nach Branche. Netzbetreiber berücksichtigen typische Verbrauchsmuster, um eine realistische Kalkulation zu ermöglichen.
Die Verbrauchsberechnung nutzt feste Verteilungsfaktoren, die den Jahresverbrauch auf Monate aufteilen. Witterungsabhängige Korrekturen erfassen saisonale Schwankungen.
Was ist ein Standardlastprofil?
Ein Standardlastprofil (SLP) beschreibt den typischen Energieverbrauch einer bestimmten Kundengruppe über den Tag, die Woche oder das Jahr hinweg. Diese Profile basieren auf statistischen Daten und ermöglichen es, den Energiebedarf von Haushalten oder Gewerbebetrieben zu prognostizieren. Sie werden vor allem für Kunden eingesetzt, deren Verbrauch nicht durch registrierende Leistungsmessung (RLM) individuell erfasst wird.
So funktioniert das Standardlastprofil
Netzbetreiber weisen Verbrauchern anhand ihrer Nutzungsmuster ein Standardlastprofil zu. Der tatsächliche Verbrauch wird dann über eine Hochrechnung auf Basis der historischen Verbrauchsdaten ermittelt. Dadurch entfällt die Notwendigkeit aufwändiger Messtechnik, was insbesondere für kleinere Unternehmen eine wirtschaftliche Lösung darstellt.
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Warum werden Standardlastprofile verwendet?
Standardlastprofile sind ein unverzichtbares Instrument für Netzbetreiber, um eine stabile und effiziente Energieversorgung sicherzustellen. Sie ermöglichen eine zuverlässige Planung des Energiebedarfs, ohne dass für jeden einzelnen Verbraucher eine Echtzeitmessung erforderlich ist. Stattdessen wird der Verbrauch auf Basis typischer Tages- und Jahresverläufe modelliert.
Doch auch für Energieversorger spielen die Profile eine zentrale Rolle – insbesondere bei der Preisgestaltung. Denn sie zeigen, zu welchen Tageszeiten wie viel Energie benötigt wird. Und genau das beeinflusst die Beschaffungskosten: Muss Strom zur Mittagszeit bereitgestellt werden, wenn die Nachfrage im Markt besonders hoch ist, sind auch die Preise entsprechend höher.
Umgekehrt gilt: Wer überwiegend in Zeiten mit niedriger Netzlast Energie bezieht, verursacht geringere Kosten.
Vorteile für Netzbetreiber
Für Netzbetreiber sind Standardlastprofile ein wichtiges Werkzeug, um die Netzstabilität zu sichern und die Lastverteilung effizient zu steuern. Standardlastprofile helfen dabei, Verbrauchsspitzen frühzeitig zu erkennen und potenzielle Engpässe zu vermeiden, indem sie den Energiebedarf unterschiedlicher Kundengruppen zuverlässig abbilden. So lässt sich das Stromnetz mit reduziertem Aufwand für Echtzeitmessungen koordinieren.
Ein weiterer Vorteil besteht in der vereinfachten Verbrauchsabrechnung bei SLP-Kunden: Hier wird in der Regel ein monatlicher Abschlag vereinbart. Nach der jährlichen Ablesung des Zählerstands erfolgt eine Abrechnung über die tatsächlich bezogene Energiemenge – auf Basis des zuvor zugewiesenen Standardlastprofils. Teurere Messtechnik, wie sie bei registrierenden Leistungsmessungen (RLM) notwendig ist, entfällt.
Durch die langjährige Erhebung von Verbrauchsdaten können die Standardlastprofile stetig optimiert werden, was eine noch präzisere Steuerung der Energieversorgung ermöglicht. Darüber hinaus trägt die Nutzung dieser Profile zur Reduzierung von Messkosten bei. Da Echtzeitmessungen für sämtliche Verbraucher bis zum abgeschlossenen Smart-Meter-Rollout technisch nicht realisierbar wären, bieten Standardlastprofile eine kostengünstige Alternative, insbesondere für kleinere Verbraucher.
Vorteile für Verbraucher
Die Zuweisung eines passenden Profils erleichtert die Energieabrechnung erheblich. Weil der Stromverbrauch nicht durchgängig gesendet wird, entfallen die Kosten für aufwendige Messtechnik sowie laufende Gebühren für die Datenübertragung und Auswertung. Auch der administrative Aufwand sinkt, da der Verbrauch auf Basis eines festgelegten Profils erfasst wird – ohne dass detaillierte Verbrauchsdaten manuell bereitgestellt werden müssen.
Allerdings gilt: Nicht jedes zugewiesene Profil passt auch wirklich zum realen Verbrauchsverhalten des Betriebs. Meist erfolgt die Einordnung auf Basis der Branchenzugehörigkeit. Weicht der tatsächliche Bedarf davon ab, kann das die Beschaffungskosten negativ beeinflussen.
Denn je nachdem, wann Strom laut Profil verbraucht wird, kann der Energieversorger günstig oder teuer einkaufen – und gibt diese Preisstruktur entsprechend weiter.
Für Unternehmen lohnt es sich daher, auf eine möglichst passende Profilzuordnung zu achten. Da dies jedoch technische und marktseitige Expertise erfordert, unterstützt wattline seine Mitglieder dabei aktiv – und sorgt dafür, dass das optimale Profil auch wirklich Anwendung findet.
Welche Standardlastprofile gibt es?
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat verschiedene Standardlastprofile definiert, die auf den jeweiligen Verbrauchstyp abgestimmt sind. Energieversorger können entscheiden, ob sie sich nach diesen Profilen richten, oder eigene definieren. Eine Auswahl der Profile des BDEW mit ihren spezifischen Merkmalen und Anwendungsbereichen finden Sie in der folgenden Tabelle:
Wie wird der Verbrauch berechnet?
Da keine kontinuierliche Messung erfolgt, wird der Verbrauch durch statistische Modelle und Erfahrungswerte abgeschätzt. Die wichtigsten Einflussgrößen sind:
Typtage: Seit 2025 wird zwischen Werktagen (WT), Samstagen (SA) sowie Sonn- und Feiertagen (FT) unterschieden.
Monatliche Differenzierung: Statt wie früher in 3 Jahreszeiten (Sommer, Winter, Übergangszeit), erfolgt die Abbildung des Stromverbrauchs nun mit einem Profil für jeden Kalendermonat.
Für Feiertage gilt der bundeslandspezifische Feiertagskalender des BDEW.
Standardlastprofil vs. individuelles Lastprofil für Strom & Gas
Standardlastprofile sind vordefinierte, pauschale Verbrauchsmuster. Individuell gemessene Lastprofile, auch bekannt als Lastgangmessung, werden durch RLM-Zähler (registrierende Leistungsmessung) erfasst. Diese Zähler messen den tatsächlichen Energieverbrauch in Intervallen von 15 Minuten und liefern präzise Daten über den zeitlichen Verlauf des Verbrauchs.
Diese Methode ist für Unternehmen mit einem Jahresstromverbrauch über 100.000 kWh (bzw. 1.500.000 kWh Gas) relevant, da hier genaue Lastgangdaten eine Optimierung des Energiebezugs ermöglichen. Durch die detaillierte Erfassung können Unternehmen gezielt Lastspitzen identifizieren und gegebenenfalls vermeiden, indem sie ihren Energieverbrauch auf günstigere Tarifzeiten verlagern.
Zusätzlich ermöglicht ein individuell gemessenes Lastprofil eine flexible Tarifgestaltung. Während Standardlastprofile auf Durchschnittswerten basieren, können Unternehmen mit einer RLM-Messung spezielle Tarife nutzen, die beispielsweise günstigere Preise während Niedriglastzeiten bieten. Die registrierende Lastgangmessung liefert präzise Daten, die wiederum bessere Energiepreise erlauben, da das Risiko für die Energieversorger sinkt.
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Herausforderungen und Grenzen von Standardlastprofilen
Trotz der zahlreichen Vorteile gibt es auch einige Herausforderungen bei der Nutzung von Standardlastprofilen. Da die Profile auf Durchschnittswerten basieren, können individuelle Verbrauchsmuster nur bedingt berücksichtigt werden. Für Unternehmen mit stark schwankendem Energieverbrauch kann dies zu ungenauen Abschlagszahlungen und ggf. hohen Nachzahlungen am Ende des Abrechnungszeitraums führen.
Die Wahl des Lastprofils beeinflusst den Energiepreis. Wird einem Unternehmen ein unpassendes Profil zugeordnet, kann das finanzielle Nachteile haben. Das Gewerbeprofil G25 (G0) etwa geht von einer hohen Netzlast um die Mittagszeit aus – genau dann, wenn die Strompreise tendenziell am höchsten sind. Unternehmen mit Photovoltaik-Anlagen, die gerade zu dieser Zeit ihren Bedarf selbst decken, profitieren von diesem Profil nicht.
Die folgende Grafik zeigt die prognostizierte Energiemenge laut G0-Profil an den verschiedenen Uhrzeiten sowie werktags und an Wochenendtagen.
Da ihre aus dem Netz bezogene Restmenge eher morgens oder abends anfällt, könnten sie bei einem besser passenden Profil unter Umständen von günstigeren Konditionen profitieren. Je näher das Profil am realen Verbrauchsverhalten liegt, desto präziser ist nicht nur die Abrechnung – auch der Energieversorger muss weniger Risiko einpreisen. Das kann sich langfristig positiv auf die Bezugskosten auswirken.
Welchen Einfluss die Datenqualität auf die Energiepreise hat, haben wir im ener|gate-Magazin “Datenqualität als Wettbewerbsvorteil” ausführlich beschrieben.
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Fazit: Standardlastprofil für KMUs
Für kleine und mittlere Unternehmen sind Standardlastprofile eine einfache und kosteneffiziente Methode zur Energiebepreisung und -abrechnung. Wer jedoch seinen Energieverbrauch genauer erfassen, Lastspitzen identifizieren und optimieren möchte, sollte die Möglichkeit einer registrierenden Leistungsmessung prüfen.
Häufige Fragen
Wo finde ich mein Lastprofil für Strom?
Ihr Lastprofil finden Sie in den Abrechnungsunterlagen Ihres Netzbetreibers oder Stromversorgers. Oft ist es in der Jahresabrechnung oder im Netzanschlussvertrag vermerkt. Falls Sie es dort nicht finden, kann der Netzbetreiber Ihnen auf Anfrage mitteilen, welches Standardlastprofil für Ihre Abnahmestelle verwendet wird.
Wie genau wird mein Standardlastprofil bestimmt?
Das Standardlastprofil wird anhand der Nutzungskategorie Ihres Unternehmens festgelegt. Netzbetreiber ordnen Sie basierend auf Ihrem Verbrauchsverhalten einer spezifischen Kundengruppe zu, beispielsweise Haushalten (H0) oder Gewerbebetrieben (G0). Diese Kategorisierung erfolgt durch statistische Analysen historischer Verbrauchsdaten.
Kann ich mein Standardlastprofil ändern lassen?
Ja, eine Änderung des Standardlastprofils ist möglich. Ihr Verbrauchsprofil sollte möglichst genau Ihren Bedürfnissen entsprechen, damit Sie am besten davon profitieren können. Sprechen Sie dazu mit Ihrem Netzbetreiber oder Energiedienstleister bei der Ausgestaltung des Energieliefervertrages.
Welche Rolle spielt das Wetter bei der Berechnung meines Stromverbrauchs?
Wetterbedingungen beeinflussen besonders Heizstrom- und Klimatisierungslasten. Für Haushalte und Gewerbebetriebe mit elektrisch betriebenen Heiz- oder Kühlanlagen werden wetterbasierte Anpassungen vorgenommen, um den tatsächlichen Verbrauch besser abzubilden. Dies geschieht über Referenztemperaturen und Anpassungsfaktoren.
Warum gibt es verschiedene Standardlastprofile für Gewerbe?
Ein Einzelhändler hat beispielsweise andere Stromnutzungszeiten als eine Bäckerei, deren Spitzenverbrauch frühmorgens liegt. Auch Gastronomiebetriebe, Produktionsfirmen und landwirtschaftliche Betriebe weisen stark variierende Lastgänge auf. Um eine möglichst präzise Verbrauchsprognose und faire Abrechnung zu ermöglichen, werden daher branchenspezifische Standardlastprofile genutzt.