Warum ist Strom so teuer?

Philip Gutschke · zuletzt aktualisiert: 18. September 2024

Strom ist ein unverzichtbarer Bestandteil unseres Alltags, doch die steigenden Preise werfen zunehmend Fragen auf. Besonders in Deutschland scheinen die Stromkosten kontinuierlich zu steigen, was viele Unternehmen belastet. Wir beantworten die Frage, warum Strom so teuer ist, welche Faktoren den Preis beeinflussen und welche Entwicklungen in Zukunft zu erwarten sind.

Kurz und knapp

Strompreise in Deutschland sind durch hohe Steuern, Abgaben und regionale Netzentgelte stark belastet, was das Land zu einem der teuersten in Bezug auf Strom macht.

Die Energiewende, verbunden mit teuren Investitionen in erneuerbare Energien und Netzausbau, sowie steigende fossile Brennstoffkosten treiben die Strompreise hoch.

Langfristig kann der Ausbau erneuerbarer Energien die Strompreise stabilisieren, kurzfristig bleiben die Kosten aber wegen bestehender Marktbedingungen hoch.

Die Strompreis-Diskussion in Deutschland

Die Ursachen für die hohen Stromkosten sind vielfältig und komplex. Während einige die Energiewende als Hauptfaktor sehen, weisen andere auf die steigenden Abgaben und Umlagen auf Strom hin.

Unabhängig von der Ursache ist klar: Diese Preisentwicklung betrifft nicht nur Haushalte, sondern auch Unternehmen, die sich zunehmend mit den hohen Strompreisen auseinandersetzen müssen.

Einsparungen

Ein kurzer Überblick über die historische Entwicklung der Strompreise

Ein Blick auf die historische Entwicklung zeigt, dass der Strom in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich teurer geworden ist. Während sie Anfang der 2.000er-Jahre noch relativ stabil waren, haben sich die Kosten seitdem mehr als verdoppelt.

Besonders in den letzten Jahren ist der Strompreis sprunghaft angestiegen, was vor allem auf die Energiepreiskrise und die steigenden Kosten für fossile Brennstoffe zurückzuführen ist.

Industriestrom-Preis von 2014 bis 2024

Aktuelle Situation und Prognosen

Prognosen deuten darauf hin, dass man sich die Frage, warum der Strom so teuer ist, auch in Zukunft stellen wird. Der Ausbau erneuerbarer Energien, steigende Netzentgelte und neue politische Rahmenbedingungen werden die Strompreise weiterhin hoch halten.

Dies wird in der folgenden Statistik ersichtlich, die eine Prognose der Entwicklung der Energiepreise im Privatbereich bis 2042 zeigt. Man kann davon ausgehen, dass die Entwicklung des Strompreises für Gewerbe- und Industriekunden parallel verlaufen wird.

Prognose für die Energiepreisentwicklung bis 2042

Die Haupt­faktoren dafür, warum Strom in Deutschland so teuer ist

Die Strompreise in Deutschland sind das Ergebnis einer Vielzahl von Faktoren, die zusammenwirken und die Kosten in die Höhe treiben. Um die Gründe für die hohen Preise besser zu verstehen, ist es wichtig, die einzelnen Bestandteile des Strompreises genauer zu betrachten.

Mehr über die aktuelle Strompreis-Zusammensetzung erfahren

Steuern und Abgaben

Ein wesentlicher Teil der Stromkosten in Deutschland entfällt auf Steuern und Abgaben. Diese umfassen die Stromsteuer, die Mehrwertsteuer und Umlagen wie die KWK-Umlage.

Die Stromsteuer und die Mehrwertsteuer sind fixe Bestandteile, die bei jedem Stromverbraucher anfallen, während die Umlagen zur Finanzierung des Ausbaus erneuerbarer Energien (EEG, abgeschafft) und zur Förderung effizienter Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) eingesetzt werden.

Netzentgelte

Ein weiterer großer Kostenfaktor sind die Netzentgelte für Industrie- und Gewerbekunden, die für den Transport und die Verteilung des Stroms an die Verbraucher anfallen. Diese Kosten variieren je nach Region und sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen.

Die Netzentgelte machen mittlerweile etwa ein Viertel des gesamten Strompreises aus und sind insbesondere in Regionen mit einem hohen Anteil an erneuerbaren Energien – im Norden und Osten Deutschlands – besonders hoch. Sie werden für den Bau und die Instandhaltung der Stromnetze verwendet, die durch die Energiewende erheblich ausgebaut werden müssen.

Da die Stromerzeugung zunehmend dezentral erfolgt, also nicht mehr in wenigen großen Kraftwerken, sondern in vielen kleinen Anlagen über das ganze Land verteilt, sind die Anforderungen an das Stromnetz gestiegen. Der notwendige Ausbau und die Modernisierung der Netze verursachen hohe Kosten, die auf die Verbraucher umgelegt werden.

Merit-Order-Prinzip

Das Merit-Order-Prinzip – zu Deutsch Reihenfolge der Vorteilhaftigkeit – beschreibt, wie der Preis für Strom an der Strombörse festgelegt wird. Dort werden die Kraftwerke nach den Kosten geordnet, die für die letzte produzierte Megawattstunde anfallen. Angefangen wird hier bei den günstigsten Kraftwerken, wie Wind- oder Photovoltaikanlagen, die praktisch keine Brennstoffkosten haben.

Um die Stromnachfrage zu decken, werden dann nach und nach weitere und schrittweise teurere Kraftwerke hinzugeschaltet. Das teuerste Kraftwerk, das zur Deckung der Nachfrage noch benötigt wird – wie Kohle-, Gas oder Ölkraftwerke – bestimmt schließlich den Preis für den gesamten Strom.

Das bedeutet: Je mehr Strom aus günstigeren Kraftwerken für erneuerbare Energien, wie Wind- und Photovoltaikanlagen, kommt, desto günstiger wird auch der Strom. Diese verdrängen nach und nach konventionelle Spitzenlastkraftwerke.

Merit-Order-Prinzip

Obwohl die Börsenstrompreise zuletzt gesunken sind, spiegelt sich dieser Rückgang oft nicht sofort in den Endkundenpreisen wider, da viele Energieversorger langfristige Verträge haben und Preissenkungen daher verzögert weitergeben.

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Der Einfluss der Energiewende

Die Energiewende ist ein zentraler Bestandteil der deutschen Energiepolitik, bringt jedoch auch erhebliche Kosten mit sich, die sich auf die Strompreise auswirken. Der Ausbau von Wind- und Solarenergie ist teuer, vor allem weil er oft mit dem Bau neuer Leitungen und Speichertechnologien verbunden ist, um die schwankende Energieerzeugung auszugleichen.

Zusätzliche Einfluss­faktoren auf den Strompreis

Neben den bereits genannten Hauptfaktoren gibt es weitere Aspekte, die die Strompreise in Deutschland beeinflussen. Diese Faktoren sind oft weniger sichtbar, wirken sich jedoch genauso auf die Höhe der Stromkosten aus.

CO2-Bepreisung

Seit 2021 müssen Energieversorger für jede Tonne CO2, die bei der Stromerzeugung ausgestoßen wird, Zertifikate kaufen. Diese Kosten werden an die Endverbraucher weitergegeben.

Ziel dieser Maßnahme ist es, Anreize für eine Reduzierung der CO2-Emissionen zu schaffen und den Übergang zu einer klimafreundlicheren Energieversorgung zu beschleunigen. Der CO2-Preis ist in den letzten Jahren stetig gestiegen und wird voraussichtlich weiter steigen, um die Klimaziele zu erreichen.

Internationale Strommärkte und deren Einfluss

Die Preise für fossile Brennstoffe wie Gas und Kohle, die weltweit gehandelt werden, haben direkte Auswirkungen auf die Kosten für die Stromerzeugung in Deutschland. Steigen die Preise auf den internationalen Märkten, wie es beispielsweise während der Energiepreiskrise im Zuge des Ukraine-Konflikts der Fall war, führt dies zu höheren Strompreisen im Inland.

Warum ist Strom in Deutschland so teuer?

Sie haben sich schon öfter die Frage gestellt, warum Strom in Deutschland so teuer ist? Verschiedene Faktoren tragen dazu bei, dass die Stromkosten hierzulande besonders hoch sind. Diese reichen von politischen Entscheidungen über spezielle Gegebenheiten des deutschen Energiemarktes bis hin zu den besonderen Herausforderungen der Energiewende.

Vergleich mit anderen Ländern

Im europäischen Vergleich liegt Deutschland bei den Strompreisen regelmäßig auf den vorderen Plätzen. Während Länder wie Frankreich oder Schweden aufgrund ihrer hohen Anteile an Kernenergie oder Wasserkraft relativ günstige Strompreise anbieten können, sind die Kosten in Deutschland deutlich höher.

Einer der Gründe dafür ist die Abgabenlast, die in Deutschland besonders hoch ist. Zudem ist die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen wie Gas, das Deutschland zu einem Großteil importiert, ein weiterer Faktor, der die Preise beeinflusst.

Spezifische Herausforderungen in Deutschland

Die Entscheidung zum Atomausstieg hat dazu geführt, dass der Anteil an günstigem Strom aus Kernenergie in Deutschland stark gesunken ist. Dies musste durch teurere Alternativen ersetzt werden. Gleichzeitig wird der Kohleausstieg vorangetrieben, was ebenfalls Investitionen in erneuerbare Energien und Speichertechnologien erfordert.

Die Netzbetreiber und Stromversorger sind maßgeblich an der Preisgestaltung beteiligt, da sie die Kosten für den Betrieb und den Ausbau der Stromnetze sowie die Beschaffungskosten für Strom an die Endkunden weitergeben. Die regionale Differenzierung der Netzentgelte, die in einigen Teilen Deutschlands besonders hoch sind, trägt ebenfalls zur Preisgestaltung bei.

Bauarbeiter steht vor einer Photovoltaikanlage und einem Windrad

Lösungs­ansätze und Zukunfts­perspektiven

Angesichts der hohen Strompreise in Deutschland stellt sich die Frage, welche Maßnahmen ergriffen werden können, um die Kosten zu senken und die Preisentwicklung in Zukunft zu stabilisieren. Es gibt verschiedene Ansätze, die sowohl auf politischer Ebene als auch durch das Verhalten der Verbraucher umgesetzt werden können.

Maßnahmen zur Senkung der Strompreise

Eine der vielversprechendsten Maßnahmen zur Senkung der Strompreise ist die Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien. Langfristig können die Kosten für erneuerbare Energien sinken, wenn Technologien zur Speicherung und Netzstabilisierung weiterentwickelt werden.

Eine Vereinheitlichung der Netzentgelte auf nationaler Ebene oder eine stärkere staatliche Subventionierung könnten die regionalen Unterschiede ausgleichen. Auch die Förderung von Energieeffizienzmaßnahmen spielt eine wichtige Rolle. Weniger Verbrauch bedeutet weniger Belastung des Netzes und der Umwelt, was langfristig zu stabilen und niedrigeren Strompreisen führt.

Was können Verbraucher tun?

Verbraucher können ebenfalls aktiv dazu beitragen, ihre Stromkosten zu senken. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten:

Indem Verbraucher bewusster mit ihrem Energieverbrauch umgehen und die Möglichkeiten zur Kostenreduktion nutzen, entlasten sie nicht nur den Geldbeutel, sondern auch die Umwelt.

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Die Zukunft der Strompreise in Deutschland

Die hohen Strompreise in Deutschland sind das Ergebnis komplexer Zusammenhänge, von Steuern und Abgaben über Netzentgelte bis hin zur Energiewende. Trotz aktueller Herausforderungen bieten der Ausbau erneuerbarer Energien und Reformen Potenzial zur Stabilisierung der Preise. Kurzfristig werden die Kosten wohl hoch bleiben, aber durch einen bewussten Energieverbrauch und Anbieterwechsel können Verbraucher ihre Ausgaben senken.

Über Philip Gutschke

Philip verantwortet als Bereichsleiter Energiebeschaffung die strategischen und operativen Einkaufsprozesse für die Mitglieder der Einkaufsgemeinschaft und vertritt deren Interessen beim BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft).

Er beschäftigt sich leidenschaftlich mit den aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen im Energiemarkt. In seiner Freizeit findet man ihn am, im oder auf dem Wasser.

Philip Gutschke, Bereichsleiter Energieeinkauf bei wattline

Häufige Fragen

  • Wie setzt sich der Strompreis in Deutschland zusammen?

    Der Strompreis setzt sich in Deutschland hauptsächlich aus Beschaffungskosten, Netzentgelten, Steuern und Abgaben zusammen. Weitere Einflussfaktoren sind zum Beispiel die CO2-Bepreisung und der internationale Strommarkt.

  • Warum ist Strom in ländlichen Regionen teurer?

    In ländlichen Regionen sind die Netzentgelte oft höher, da es dort meist weniger Haushalte gibt. Die Kosten werden auf alle Haushalte innerhalb einer Region umverteilt. Wenn es also weniger Haushalte gibt, ist der Anteil höher.

  • Wird der Strom in Deutschland wieder günstiger?

    Laut Prognosen wird der Strom in Deutschland in den nächsten Jahren nicht günstiger. Langfristige Entwicklungen hängen von Faktoren wie Ausbau der erneuerbaren Energien, des Stromnetzes und der Weiterentwicklung von Speichertechnologien ab.

  • Was ist das Merit-Order-Prinzip?

    Das Merit-Order-Prinzip definiert die Art und Weise der Strompreisfindung an der Börse. Der Strompreis orientiert sich dabei an der letzten produzierten Megawattstunde, angefangen bei den günstigsten Kraftwerken. Das teuerste Kraftwerk, das zur Deckung der Nachfrage benötigt wird, bestimmt schließlich den Preis für den gesamten Strom.


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